Wir alle befinden uns in einer Welt der Hektik und Betriebsamkeit. Die Ereignisse überschlagen sich regelrecht und manchem fällt es schon schwer der ganzen Sache noch etwas Positives abzugewinnen. Ist da noch Platz für Ruhe, Besinnung und Althergebrachtes?

Das ist jetzt die Kunst, den Bogen zur Jagd und seinem faszinierenden Brauchtum zu schlagen. Kunst kommt von Können und jeder passionierte Jäger weiß, dass man so etwas nur schwer aus Büchern erlernen kann. Es wird einem sozusagen regelrecht in die Wiege gelegt, so wie in unserer Familie.
Die Jagd ist eine Leidenschaft, die ein hohes Maß an Fachwissen und handwerklichem Können erfordert. Darüber hinaus bedeutet die heutige Jagd aber auch die Fortsetzung einer langen und bewährten Tradition, die für einen weidgerechten Umgang mit dem Wild steht. Jägersprache, Bruchzeichen, Jagdsignale sowie die Sage um den Heiligen Hubertus werden heutzutage in erster Linie mit „jagdlichem Brauchtum“ in Verbindung gebracht. Da finde ich das Beispiel der Jägersprache ganz passend und kann die Pflege und Tradition in unserer Region bei der Schreibweise „Weidgerechtigkeit, WeidmannsHeil bzw. Weidwerk“ u.v.a. mit „ei“ nur unterstützen.
Weidgerecht jagen heißt, Kenntnisse über das bejagte Wild zu besitzen, sowie ein guter Schütze zu sein, das heißt aber auch zu hegen und die Gedanken des Natur- und Tierschutzes zu pflegen. Überlieferte Jagdkultur und Tradition müssen bewahrt und mit der modernen und sich stets weiterentwickelnden Welt verbunden werden. Das jagdliche Brauchtum umfasst einen Kreis von Sitten und Bräuchen wie sie zum Teil seit langer Zeit wenig verändert beim Jagen üblich sind. Gut, wer sie sich in Selbstverständlichkeit aneignet. Schlecht, wer sie erlernt und damit prahlt, ohne stille Weidgerechtigkeit in sich zu tragen. Einige Sitten und Bräuche, wie das Ziehen des Jagdhutes vorm erlegten Wild, sind im Wandel der Zeit leider immer mehr in Vergessenheit geraten.
Heute ist das jagdliche Brauchtum eine Moral. Es werden Bräuche im handwerklichen Sinne und die Achtung vor dem Wild gepflegt. Die Verständigung der Jäger untereinander mit Hilfe der Bruchzeichen sollte auch im Jagdbetrieb unserer Zeit noch von großer Bedeutung sein. Bei allen Bruchzeichen und auch allen als Schmuck zu verstehenden Brüchen handelt es sich um abgebrochene Zweige, hauptsächlich der Baumarten Eiche, Kiefer, Fichte, Weißtanne und Erle.
Ich finde es erschreckend wie wenig Zeit sich manche für die Pflege unserer jagdlichen Tradition nach Drückjagden bzw. auch bei Einzelansitzen nehmen und sofort nach der „roten Arbeit“ auseinander strömen und der besagten Hektik und Betriebsamkeit wieder verfallen. Hier wünsche ich mir mehr Aktionismus unserer Altvorderen. Denn nur von diesen können die Jüngeren das handwerkliche Geschick mit seinen filigranen Facetten und Gepflogenheiten lernen, wie es war, in Zeiten als die Zukunft noch besser schien. Hierzu kann jeder in seiner eigenen Jagdgemeinschaft einen kleinen Beitrag liefern, der uns Jäger in der breiten Öffentlichkeit in einer besseren Wahrnehmung erscheinen lässt, als nur dem Töten von Wildtieren.
Wird von den meisten Nichtjägern die Jagd an sich noch für notwendig gehalten, ist die Akzeptanz des Tötens von Wildtieren deutlich geringer. Nur über das Verständnis und den Nutzen für den Einzelnen können wir über das jagdliche Brauchtum die breite Öffentlichkeit erreichen. Eine wichtige Rolle spielen hier die Jagdhornbläsergruppen.
Zunehmend werden auch in unseren 3 Gruppen des Jagdverbandes Weißeritzkreis neben den einfachen Fürst Plesshörner auch die Parforcehörner geblasen. Damit bemühen wir uns um die Wahrung einer vielseitigen Instrumentalbesetzung. Das spiegelt sich auch im musikalischen Repertoire wieder. Jagdsignale als unverzichtbarer Bestandteil der Jagd gehören gleichermaßen dazu wie Jagdlieder und Musik über die Jagd.
Immer wieder taucht die Frage auf: Wie verhält sich der Jäger brauchtumskonform beim Jägerbegräbnis?
Vorweg: Brauchtum soll zum Brauchen sein und muss daher als dynamischer Prozess immer wieder den Gegebenheiten angepasst werden; so auch das Verhalten und das Auftreten der Jäger beim Jägerbegräbnis.
Der Jäger behält im Rahmen einer Formation, also etwa als Ehrenwache eines Toten oder als Sargträger, auch in der Kirche den Hut auf, ansonsten ist das Tragen des Jagdhutes in der Kirche verpönt.
Wenn ein Jäger seinen Freund hinausbegleitet in sein allerletztes irdisches Zuhause, so steckt er sich einen Bruch links (!) an den Hut, und zwar so, dass die Bruchunterseite nach außen zeigt. Er lässt den Hut ruhig auf, während des feierlichen Abschieds am Grab. Als allerletzten Gruß nimmt er den grünen Zweig und wirft dem Freund seinen Trauerbruch ins Grab. Dann zieht er ein letztes Mal den Hut vor dem Toten.
Es sollte uns gelingen den Spagat zwischen der Tradition und der Moderne hinzubekommen, indem wir uns neuen gesellschaftlichen Ansprüchen und Jagdmethoden nicht verschließen, sondern in ihnen eine Chance für unsere Zukunft sehen.
Besinnen wir uns doch neben der Jägerei wieder mehr auf den sittlichen Umgang mit unserer Tradition. Jagdliches Brauchtum fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl der Jäger und bewahrt die Verrohung.
Ich wünsche mir für uns Jäger, die Bräuche zu pflegen und sie lebendig zu halten. Sie stehen dem Jäger am besten zu Gesicht.
Mit WeidmannsHeil
Ihr Christian Göbel
JV Weißeritzkreis