Zum Hubertustag am 3. November

Bert Wawrzinek

Hubertustag

Dresden – Am 3. November 2018 gedenkt besonders die Jägerschaft in Deutschland und Europa ihres Schutzheiligen St. Hubertus. Dabei hat die Jagdsaison bereits begonnen, zuletzt im Oktober die Drückjagden mit Hörnerklang und Hundegeläut. Seinen feierlichen Höhepunkt aber findet das Geschehen in den traditionellen Hubertusmessen im herbstlich gefärbten Wald oder eigens geschmückten Kirchen. Was aber hat es mit dem hl. Hubertus, der ebenso als Patron der Schützen und Schützenbruderschaften verehrt wird, tatsächlich auf sich, und warum gilt jener bis heute als Begründer einer waidgerechten Jagd? Eine historische „Fährtensuche“.

Hubertus von Lüttich

Nur wenige, zumeist mythisch verklärte Nachrichten künden vom Leben des Heiligen. Um 655 in Toulouse als Sohn des Herzogs Bertrand von Aquitanien (Guienne) geboren, war Hubertus von seiner Mutter Hugberne und einer Tante erzogen worden. Der Jüngling soll dann an den Hof des Frankenkönigs Theuderich III. (653-691) in Neustrien gekommen und zum Pfalzgrafen erhoben worden sein. Anschließend ging Hubertus nach Metz, der Hauptstadt des östlichen Frankenreiches, um bei dem mächtigen Pippin von Herstall (635-714) eine einflußreiche Stellung zu bekleiden. Um 680 vermählte er sich mit der Grafentochter Floribane von Löwen, die ihm einen Sohn – Floribertus – gebar.

Nach der mittelalterlichen Legende war Hubertus leidenschaftlicher Jäger. Trotz Floribanes Warnung, Christi Todestag nicht zu entweihen, sei er einmal mit großem Tross an einem Karfreitag aufgebrochen. Er hetzte, der Fährte eines Hirsches folgend, durch den Wald, als er plötzlich des unweit verhoffenden Tieres ansichtig wurde. Und während in dessen Geweih ein Kreuz erstrahlte, hörte der Jäger eine Stimme klagen: „Hubertus, ich erlöste dich und dennoch verfolgst du mich!“ Der erbebte, warf seine Waffen weg, flehte um Erbarmen und baute sich eine Hütte aus Zweigen und Schilf, um fortan in Einsamkeit ein bußfertiges Leben zu führen.

Eine andere Version berichtet von einem jagenden Hubertus, der im Ardenner Wald einen Hirsch erblickt habe, dessen Geweih ein Kruzifix bekrönt. Zugleich vernahm er die Mahnung, sich zum Maastrichter Bischof Lambert zu begeben. Der empfing ihn freundlich, riet aber, Hubertens Wunsch, ein klösterliches Leben zu führen, noch zu verschieben. Zwei Jahre später sollte Floribane gestorben, ihr Mann aber mit Lamberts Segen ein frommer Einsiedler geworden sein.

Wieder waren Jahre vergangen und Hubertus gerade von einer Wallfahrt aus Rom zurückgekehrt. Bischof Lambert hatte in Lüttich einen gewaltsamen Märtyrertod erlitten. Hubertus aber „ward von Papst Sergius I. zum Bischof von Tongern (Lüttich) ernannt“, weiß Meyers Konversations-Lexikon (1890). Einer anderen Erzählung nach ist Hubertus noch von Lambert unterrrichtet, zum Priester geweiht und seinem Nachfolger bestimmt worden. Wie auch immer, es geschah: im Jahre 705 wurde Hubertus Bischof von Tongern-Maastricht.

Im Gedenken an seinen geistlichen Ziehvater ließ er in Lüttich, dem späteren Bischofssitz, die Lambertuskathedrale errichten. 727 starb der als fürsorglicher Wohltäter berühmte Gottesmann im belgischen Tervuren, seine Gebeine wurden am 3. November 743 erhoben (exhumiert) und nach Andagium (das heutige Saint-Hubert) gebracht. Im Mittelalter Wallfahrtsort, präsentiert sich das Städtchen heute als „europäische Hauptstadt der Jagd und der Natur“. Die Reliquien des hl. Hubertus jedoch waren in den Wirren der Französischen Revolution untergegangen.

Von Skadi zu Eustachius

Die kolportierte Hubertuslegende aber, worin sich Mythen und Realität über mehr als 1000 Jahre vermischten, ist nicht die einzige Überlieferung, die das Jagdgverständnis unserer Vorfahren inspirierte. Zuvor ging es eher „weiblich“ zu. „Skadi“ hieß die Jagd- und Wintergöttin der Germanen, und noch bis 1850 soll die römische Diana auch im deutschsprachigen Raum Inbegriff einer Jagdgottheit gewesen sein, unter deren Schutz Jäger wie Gejagte standen. Erst um 1680 war mit der Parforcejagd aus Frankreich auch die Hubertusgeschichte zu uns gekommen, deren eigentlicher Hintergrund gleichwohl in vorchristliche Zeiten weist:

Im Römischen Reich unter Kaiser Trajan (53-117) soll ein Feldherr namens Placidus gedient haben, der als Jäger und Christenverfolger bekannt war. Diesem Haudegen begegnet eines Tages – wir ahnen es bereits – ein Hirsch mit strahlendem Kruzifix auf dem Geweih! Placidus mag erschrocken vom Pferd gefallen sein, als eine Stimme sprach: Gott habe den Himmel und die Erde geschaffen, sei Herr des Lichts und der Finsternis. Die Erscheinung wiederholte sich und Placidus, der nun den Namen Eustachius erhielt, ließ sich und seine Familie taufen. Wundersames geschah, doch Eustachius und die Seinen überstanden alle Fährnisse. Zurück im Rom Hadrians (76-138) weigerte sich der Bekehrte standhaft, an einer – heidnischen – Opferzeremonie teilzunehmen und wurde (118) samt Familie als Märtyrer den Löwen vorgeworfen.

Kraft der Tradition

Die Legende des hl. Eustachius aber gelangte aus dem Orient nach Europa und wird ab dem 12.
Jahrhundert gemeineuropäisches Kulturgut. Kein Geringerer als Albrecht Dürer hat die Bekehrungsszene um 1500 dargestellt und damit ein Schlüsselwerk deutscher Renaissance geschaffen. Erst ab dem 15. Jahrhundert und 700 Jahre nach Hubertus‘ Tod wurden beide Überlieferungen in Verbindung gebracht, überlagerten einander, verdrängte die jüngere schließlich die ältere Tradition. Das Jagdgeschehen aber fand Eingang in die christliche Gedankenwelt. Und während im 16. und 17. Jahrhundert die Götter der Antike zu neuer Beachtung gelangten, sorgte die Reformation dafür, daß die beiden Jagdpatrone im Norden an Bedeutung verloren. Trotz allem hat sich die Erinnerung an den „Apostel der Ardennen“, dem der Allmächtige einst als kreuzgeschmückter Hirsch erschienen war, doch recht lebendig erhalten, was nicht zuletzt der andauernden Popularität waidmännischen Brauchtums und seiner Pflege zu danken ist.

Eine feierliche Hubertusmesse mit der Bläsergruppe Moritzburg findet am 4. November in der festlich geschmückten Mohorner Kirche (Nossener Str. 4, 01723 Wilsdruff) statt.

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